Sonntag, 3. Juni 2012

Blickpunkt Kopfbeweglichkeit

Kopf ruht oben

Übung "Halsverlängerung"
C7 - Kopfmitte
C1 - Brustmitte
Eulen können ihren Kopf bekanntlich bis zu 270 Grad drehen, was ihnen ein beinahe unheimliches Aussehen verleiht. Das gilt allerdings nicht für Nachteulen und schon gar nicht für PC-Freaks. 100 Stunden pro Tag auf Facebook, Twitter und Co. verderben selbst die beste Körperhaltung, auch bei den ganz Jungen unter uns.

Ergonomie am Arbeitsplatz mittels Schreibtisch- und Sitzhöhe, Ausrichtung des PCs, Spezialmaus etc. mögen zwar einiges richten, doch es liegt mindestens zu 50 Prozent an uns selber, gelassen und voller Zuversicht dem Alter entgegensehen zu können - mit lockerer Nacken-Schulterpartie und frei beweglichem Kopf.

Oft liegt ein falsches Bild oder eine wenig hilfreiche Verbindung hinter unseren Verspannungen. Wenn es nur das ist, genügt es meist, sich dies bewusst zu machen und Unerwünschtes zu ersetzen.

Alte Leute lassen oft ihren Kopf hängen und schauen auf den Boden oder bei Tisch auf ihren Teller. Nur wenige bewegen sich noch erhobenen Hauptes und federnden Schrittes. Vielleicht hängt es mit den Augen zusammen oder mit einer zunehmenden Unsicherheit. Jedenfalls wird so die energetische Säule, die uns letztendlich aufrichtet und Halt verleiht, unterbrochen. Wir gehen buchstäblich "Hals über Kopf" und sind dann irgendwann vielleicht sogar auf einen Rolator angewiesen, weil wir sonst vorneüber kippen würden.

In einer Sendung über Demente konnte ich kürzlich beobachten, dass bei ausnahmslos allen der Kopf energetisch gesehen nicht mehr auf Hals und Rumpf sass, sondern irgendwo brustseitig nach unten verrutscht war. Könnte es sein, dass dies ein Grund für die abnehmende Denk- und Memorierfähigkeit ist?

So weit wollen wir es natürlich nicht kommen lassen und so schauen wir doch mal, wo anzusetzen wäre. Der Kopf ist eigentlich nicht mit dem Boden verbunden, sondern hat seine eigene Ebene. Er ist sogar vielmehr mit oben verbunden - dem Über-Kopf-Bereich also. Von dort aus - also von oben nach unten - ist der Körper auch viel einfacher zu stabilisieren, als von unten nach oben.

Wenn Sie auf meinen Händen stünden und ich Sie nach oben stossen würde, hätten Sie wohl Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Drücke ich Ihnen aber oben auf Ihr edles Haupt, dann werden Sie sozusagen in den Boden "gerammt" und damit stabilisiert. Diesem Impuls von oben antwortet der Körper mittels Gegendruck von unten. Sehen wir uns das einmal etwas genauer an:

Um den Kopf-Nackenbereich zu optimieren genügt eine einfache Vorstellung: Der Kopf sitzt auf dem Hals wie der Hut auf einem Hutständer. Sein Gewicht wirkt von oben nach unten. Die Aufrichtung durch den Stabilisatoren Hals wirkt von unten nach oben und entlastet uns dadurch von der Aufgabe, Zähne zusammenbeissend den Kopf aufrecht zu halten.

Aber fühlen Sie doch selber mal den Unterschied - am besten zunächst im Liegen: Verbinden Sie in ihrer Wahrnehmung Kopf und Füsse, und zwar von oben nach unten. Nun liegen Sie da wie ein Zinnsoldat in Achtungsstellung! Richtig unangenehm kann das werden, und so fühlen wir in einem nächsten Schritt die Stelle um Wirbelkörper C7; das ist derjenige, der unten am Hals leicht vorsteht. Fühlen Sie nun, wie dieser Bereich sich sozusagen verlängert und nach oben wirkt bis etwa Mitte Kopf ...... nicht auf einmal, sondern in kleinen Fühlschritten. Fast so als würde eine träge Flüssigkeit sich Richtung Kopfmitte fortbewegen. Spüren Sie der Änderung der Körperspannung nach und geniessen Sie dieses lockere Getragensein noch ein Weilchen.

Am Anfang ist es ja oft schwierig, mit der Wahrnehmung zu arbeiten. Selbst beim passiven Bewegtwerden durch einen Therapeuten ist das nicht einfach. Aus diesem Grund werfe ich in meinen Kursen oft eine Vorstellung in die Runde, zum Beispiel diese:

Fühlen Sie Ihren Hals - von wo bis wo nehmen Sie diesen Körperteil wahr? Die meisten sagen jetzt wohl "zwischen Schultergürtel und Kopf". Verlängern wir nun diese Wahrnehmung, als ob der Hals bis Mitte Kopf hinaufreichen würde. Auch hier arbeiten wir von unten (C7) nach oben (Mitte Kopf). Schaut man sich Röntgenbilder an, wird einem bewusst, dass die HWS tatsächlich "in den Kopf hineinreicht", dass sich also der 1. Halswirbel viel weiter oben befindet als angenommen. Wohlig wird einem bei dieser Übung vor allem, wenn man die richtige "Bandbreite" wählt und den Hals in seiner ganzen Weite verlängert und nicht nur im Bereich der Wirbelsäule.

Die meisten von Ihnen werden bemerkt haben, wie locker und befreit der Kopf nun daliegt. Dieselbe Übung kann nun im Sitzen gemacht werden, dann sind wir erneut beim Hutständergefühl angelangt. Und was nach oben wirkt, geht auch Richtung Brustwirbelsäule. Ich kann nämlich den Hals gefühlsmässig bis Mitte BWS verlängern, was die Haltung auf der gesamten Achse optimiert.

Viel Spass beim Ausprobieren. Sie können die Übungen noch ausweiten, indem Sie den Kopf mit verlängertem Hals langsam von rechts nach links drehen. Mit einer Eule können Sie nach wie vor nicht konkurrieren, aber mit sich selber ....... vor geschätzten 20 Jahren.

Ich wünsche allen einen gesunden, befreiten Wochenstart.