Montag, 27. Februar 2012

Atmung - viel mehr als nur Technik

das ganze Leben ...
.... eine unaufhörliche Kette von Atemzügen
vom allerersten bis zum letzten
Ohne Atem kein Leben! Unser ganzes Leben ist eine unaufhörliche Kette von Atemzügen .... vom ersten bis zum letzten. Gemäss Bibel hat Gott persönlich uns den Atem eingehaucht.

Atemkurse sind eher eine Erfindung der Neuzeit und bei uns wohl erst seit den 70er/80er-Jahren des letzten Jahrhunderts wirklich akzeptiert - ausser vielleicht in Indien, dort hat Pranayama eine jahrhundertelange Tradition. Unseren Vorfahren hätte das Ansprechen eines entsprechenden Kurses vor Verblüffung wohl den Atem verschlagen, hatten die doch noch ganz andere Sorgen und viel weniger freie Zeit. Sie atmeten einfach ein und aus, was ja eigentlich auch richtig ist.

Dennoch ist Atmen nicht gleich Atmen und so kann ein etwas tieferes Eintauchen in das Gebiet wahrhaft zur Inspiration werden!

Die Bauchatmung respektive Zwerchfellatmung wäre für uns eigentlich die natürlichste Art, Luft, d.h. Sauerstoff und damit Energie bis tief in die Körperzellen hinein zu transportieren. Da wir in einer eher atemlosen Zeit leben, haben es sich die meisten Menschen angewöhnt, die Luft mehrheitlich anzuhalten oder wenn sie atmen, dann nur die obersten Lungenbereiche zu aktivieren. Wir atmen gerade mal soviel, dass wir nicht ersticken. Dies hat nicht nur Einfluss auf die Sauerstoffversorgung, sondern auch auf den Grad der Entspannung, den Blutdruck, die Verdauung, Nervenkraft und vieles mehr.

Für jeden Sänger, Schauspieler oder Musiker ist Bauchatmung ein Muss, da sonst die Atemstütze fehlt. In vielen Kampfkünsten legt man ebenfalls Wert auf diesen Ausbildungsteil.

Werden Atemübungen jedoch zu vehement ausgeführt, erreicht man genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich anstrebte. Wie es äussere und innere Kampfkünste gibt, gibt es auch äussere und innere Atmung. Aus diesem Grund unterrichte ich diesen Bereich indirekt. Was heisst das? Strecken Sie schnell mal beide Arme weit über den Kopf nach oben. Juhuuu! Vermutlich haben Sie gerade automatisch tief eingeatmet. Kein Mensch würde bei so einer Bewegung ausatmen; stimmt's?

Um tief und entspannt respektive entspannend zu atmen ist es wichtig, den Atem erst einmal strömen zu lassen, ihm wie unbeteiligt zuzuschauen. Man kann auch mit der Vorstellung arbeiten, sich in einer grossen Luftblase zu befinden und deren Inhalt zu erlauben, tief ins System einzudringen und dieses zu erquicken. Wie immer ist auch bei der Atmung das indirekte Vorgehen einem direkten vorzuziehen.

In der Musicalschule haben wir die Bauchatmung wie folgt geübt: wir lagen auf dem Boden, die Beine angewinkelt, die Hände auf dem Bauch. Wie passive Zuschauer liessen wir Ein- und Ausatmung einfach geschehen. Mit der Zeit ergänzten wir diese Übung, indem wir durch die Nase einatmeten und bei der Ausatmung z.B. ein "F" ertönen liessen. Später "gaben wir dann Laut" und arbeiteten mit Vokalen etc. So haben wir uns eine weit hörbare Sprech- respektive Singstimme erarbeitet; dies zu einer Zeit, als man auf der Bühne noch völlig ohne Mikrophon antrat.

Eine gute Übung, die mir kürzlich geholfen hat, mich zu entspannen, gebe ich hiermit gerne an Interessierte weiter. Sie eignet sich besonders gut als Einschlafhilfe:
Liegen Sie entspannt auf dem Rücken, wenn gewünscht mit angezogenen Beinen. Lassen Sie den Atem locker ein- und ausströmen. Spüren Sie, wie der Bauch sich dabei hebt und senkt. Nach einigen Minuten können Sie sich vorstellen, wie beim Einatmen ein Fallschirmspringer von der Bauchdecke hochgezogen wird. Spüren Sie, wie er sich oben ausklinkt und während der Ausatmung langsam zu Boden schwebt. Überlassen Sie ihm die Führung der Ausatmung, dann geschieht sie wie von selbst. Mit der Zeit verlängert sie sich automatisch, und wer weiss, vielleicht ist das nächste, das Sie wahrnehmen werden, der Wecker, der Sie am Morgen aus dem Tiefschlaf holt.
Übrigens: Anders, als ich es seinerzeit gelernt habe, kommt bei Bauchatmung mit gezieltem Baucheinsatz, wie man sie als Schauspieler braucht, der Impuls idealerweise aus dem Bereich direkt unterhalb des Rippenbogens, in der Umgebung des Diaphragmamuskels, wo wir übrigens mit Vorteil bei der oben erwähnten Übung auch die Hände auflegen. Nur so kann ich nämlich von einer Art Vollatmung profitieren, die mich locker bleiben lässt. Idealer ist nur noch der Atemimpuls aus uns umgebenden Energie heraus (indirekt, Luftblase = s.o.)

Sie wissen ja: vom ersten bis zum letzten Atemzug ..... wir können zwar ziemlich lange ohne Essen auskommen, sogar eine ganze Weile ohne Wasser, aber ohne zu Atmen geht uns sehr schnell die Luft aus. Allen ausser vielleicht dem Schweizer Apnoetaucher Peter Colat, welcher am 17. September 2011 den Guiness-Weltrekord im Luftanhalten auf sagenhaften 21 Minuten und 33 Sekunden erhöhte.

Es ist nicht mein erklärtes Ziel, diesen Rekord zu brechen. Ich würde es auch nicht schaffen und habe es mehr mit Inspiration und Expiration. Viel wichtiger ist doch, einen langen Atem zu haben und selber den Mut zum Experimentieren zu entwickeln. Man kann nämlich mit Hilfe der Atmung auch gezielt Verkrampfungen lösen, Schmerzen zum Verschwinden bringen, verjüngend auf den Körper einwirken, unter anderem mit speziellen Vokal-Summübungen. Die Möglichkeiten sind auch hier unbegrenzt .... und ich werde bestimmt demnächst wieder mit ein paar weiteren Details aufwarten. Bleiben Sie dran .... und atmen Sie sich gut in den Frühling hinein!